Donnerstag, 29. Januar 2015

HEUTE, Gestern, Vorgestern....

Für Britta, Dini, Axel, Marie, Gudrun, Wolfgang, Birgit, Anja, Annika, Ellen, Meike, Karin, Sigrid  und alle anderen die ihr Leben den Tieren gewidmet haben. Ihr seid nicht alleine!!!



Kennt ihr das Gefühl wenn man innerlich nur einen einzigen Wunsch hat: "RUHE"?
Momentan brennt es an allen Ecken und Kanten, es ist einfach zu viel in meinem Tierschützerleben. Zur Zeit wünsche ich mir einfach eine Bank auf der ich sitzen und aufs Wasser starren kann. Wellen die sanft plätschern und Enten mit ihren Küken. Ein schönes friedvolles Bild.

Das Wasser fehlt mir extrem in solchen Zeiten. Es gibt mir die Gelassenheit die ich zu verlieren drohe. Es gibt mir ein Gefühl von Sicherheit, Geborgenheit. Ich bin es so müde immer funktionieren zu müssen, aber ich tue es. Ich funktioniere, weil es nicht anders geht. Ich kann nicht einfach die Koffer packen und für eine Woche ans Meer fliehen. Urlaub ist etwas das ich dringend nötig habe, aber ich habe weder die Zeit noch das Geld, noch die Gelassenheit meine Familie hier mit all den Tieren zurück zu lassen.

Geplant ist, das wir Shayas Papa im Sommer besuchen fahren, da wird er in Amsterdam arbeiten... es ist geplant, aber dann muss hier alles bis aufs letzte Detail stimmen, sonst fahr ich nicht.

Es waren heftige Wochen. Und heute und gestern waren wieder  Tage die man gerne aus dem Kalender streichen möchte.

Angefangen hat es damit das unser Mieter uns mitteilte, das er Mitte Februar auszieht, ohne vorher gekündigt zu haben, und ohne weitere Miete zu zahlen.
Wir haben uns überlegt ob wir auf eine Ordnungsgemäße Kündigung bestehen sollten. Wir haben uns dagegen entschieden. Zwar fehlen uns 800 Euro, aber was solls. Wenn ich in mich hineinfühle, weiß ich, es ist nur Geld. Ist es kein Leben, es ist kein Glück, es ist keine Zufriedenheit.
Wir haben immer die Wahl zwischen dem was rechtlich GERECHT ist und dem was das eigene Herz sagt. Mein Herz ist zwar traurig, denn letztendlich ist es ein Vertrauensbruch, er geht einfach und hinterlässt uns die Unsicherheit wie es weiter geht.
Diesen Vertrauensbruch wird er nie wieder gut machen können. Das ist Real. Mein Gefühl geht auf Distanz.

Aber mein Herz sagt auch: "Jeder ist seines Glückes Schmied" Wir haben es in der Hand unser Glück zu gefährden weil wir es auf einen rechtlichen Kampf auslegen, oder innere Stärke zu zeigen und zu sagen: "Geh mit Glück!" Eine weitere Erklärung ist, das er mit seinem zweiten Herzen und den körperlichen Beschwerden diesen Kampf vielleicht nicht übersteht. Was wird sein, wenn ich gewinne, er aber sein Leben dadurch verliert und sei es nur seine Lebensqualität?

Diese Entscheidung ist bei mir erst während des Gesprächs mit ihm gefallen. Ich war sehr klar und er war verwirrt, er hatte einen Schweißausbruch, er zitterte. Mir ist bewusst geworden, das ich es in der Hand habe - das was ich immer predige, nämlich Mitgefühl.
Ich habe es in der Hand, es wirklich zu Leben.
Geh ich den Weg des geringsten Widerstandes werde ich auf mein Recht als Vermieter pochen. Gehe den Weg einer Buddhistin, ist mir mein Recht zwar bewusst, aber nicht entscheidend. Entscheidend ist das was daraus resultiert. Es war nur ein Moment, der mir das bewusst machte.
Auf mein Recht zu pochen macht mich nicht zu einem glücklicheren Menschen und ihn ebenso nicht.

Die Entscheidung fiel nach 10 Minuten. Ich wünschte ihm viel Glück und verließ seine Wohnung die in zwei Wochen wieder unsere Wohnung sein wird. Eine weitere Entscheidung ist schon vor Wochen gefallen, wir werden diese Wohnung nicht weiter vermieten.
Ich werde mir einen kleinen Wunsch erfüllen, ich werde wieder anfangen zu malen, ich werde Kurse geben. Ob ich dadurch das Geld einnehme, was die Miete uns erbracht hat, weiß ich nicht. Das weiß niemand.

Das ist das eine das noch nachwirkt. Eine Entscheidung die vom Herzen kam, aber mir den Schlaf raubt.

Heute las ich dann einen Notruf eines befreundeten Gnadenhofes. Ein heftiger Notruf. Also rief ich Britta in der Arbeit an Ich konnte noch Shaya bei den Nachbarn unterbringen, dann holte ich Britta vom Bahnhof ab und gemeinsam fuhren wir zum Gnadenhof.

Ich habe damit wirklich gerechnet das die Straße voller geparkter Autos stand, aber wir waren das einzige Auto. Ich war verwirrt, denn der Hilferuf war klar formuliert, hier ging es um Leben un Tod. So habe ich es empfunden. Und so war es letztendlich auch..

Auf diesen Hilferuf sind nur drei Personen gekommen. Wir und eine Freundin (eine weitere Tierschützerin hatte selbst einen Notfall und kam nur bis zur hälfte der Strecke und musste umkehren). Alle anderen fragten zwar was los ist, aber niemand hielt es für nötig sich ins Auto zu setzen und loszufahren. Es ging hauptsächlich um emotionalen Beistand. Also nahm ich erst mal meine Gnadenhof Freundin in den Arm und lies sie weinen, dann kümmerte ich mich um die Kinder und Britta um alles andere.

In solchen Momenten fragt man sich, was passiert wenn es mir so geht. Wir dringend Hilfe brauchen, wer wird dann da sein.
Meine Freundin war so durch den Wind, das sie einfach nur einen Notruf raus schickte, ohne weiter zu sagen, um was es ging. Es hätte alles sein können, es hätte ein brand sein können, es hätte sein können, das ihnen das marode Dach einstützt. Es hätten die Kinder sein können... Es gab Todesfälle und es war schlimm. Aber durch mein Adrenalin das ich ausschüttete hätte es schlimmer sein können und ich wäre nicht umgefallen.

Es gibt Momente da denkt man darüber nach was wirklich Freundschaft bedeutet. Für uns war es selbstverständlich los zu fahren, ohne zu wissen worum es geht. Uns war wichtig zu handeln. Das ist für mich Freundschaft. Wahre Freundschaft fragt nach keinem Grund.

Diesen Notruf haben viele Menschen gelesen. Das hat mich mehr geschockt als das was ich vorfand.

Als wir dann zuhause wieder ankamen holte ich meine Tochter bei unserer Nachbarin ab. Dann wollte ich unserer Nachbarin von Wanda erzählen. Aber es interessierte sie nicht, sie lächelte und ging Schritt für Schritt von mir weg. Das gebratene Hähnchen war mehr wert als das leidende Lebende.

Nun liege ich im Bett mit Magenschmerzen, das Adrenalin ist einem innerem Zittern gewichen, ich kenne dieses Gefühl der kälte die sich nach einem Adrenalin Schub in einem breit macht. Die Leere die dann kommt ist schmerzhaft. Es ist als würde etwas fehlen, das vorher da war. Diese Energie ist schlagartig verschwunden. In mir ist eine große Trauer und ich möchte gerne weinen, aber ich kann nicht. Ich möchte Weinen. Aber die leere lässt es nicht zu.

Ich fühle mich weit weg von Menschen die gebratene Hähnchen essen und solchen die zwar Fragen: "Was ist los" die hechelnd nach einer Antwort gieren, aber nicht auf die Idee kommen zu handeln. Ich fühl mich weit weg, von Leuten die denken sie könnten mir sagen, was ich zu tun und zu lassen habe. Wie die Frau gestern, nach meinem persönlichen Post über unserere Mietsituation dazu nutzte von mir zu verlangen das ich mich rechtlich dagegen wehre. Und als ich "NEIN" sagte, mich dann aus ihrer Freundschaftsliste warf. Weil ich mal wieder nicht so reagiert habe, wie man es von mir erwartet.
Ein Spender weniger für unsere Tiere, weil es ihr nicht um die Tiere ging, sondern darum mich so zu formen wie sie mich sehen wollte - eine Art Perfekte Tierschützerin die hart durchgreift und genau weiß was Sache ist....  Ein Spender weniger, bedeutet ein paar Dosen Katzenfutter weniger. Das ist für und verdammt viel.

Meine kleine Wanda hat Bäche in mir geöffnet, die innerlich Gräben reißen.
Diese kleines Wesen hat mich noch Sensibler werden lassen. Und ich frage mich heute, ob  mich das Ganze hier zerstören wird. Das Leid der Tiere, die Ignoranz der Menschen?
Ich weiß es nicht. Ich weiß auch nicht woher ich noch die Kraft holen soll, die ich unablässig von mir selbst erwarte. Was wird sein, wenn wir unser Haus verlieren, weil wir den Kredit nicht abzählen können, was wird mit den Tieren geschehen? Wenn ich eines Tages einen Notruf starte, dann vielleicht weil ich einfach nicht mehr kann und wir dann schnell unsere Tiere unterbringen müssen und wird sich dann jemand finden, der ins Auto steigt und zu uns fährt und mich tröstet und mir Mut zuspricht? Mich wieder aufbaut?

Das sind die Fragen die ich mir stelle, heute Abend. Ich werde keine Antwort finden, solange ich funktioniere. So lange alles gut geht.

Ich habe nur einen kleinen Wunsch - für unsere Tiere und meine Familie,  es möge sich wenigstens einer finden, der dann für uns da ist...

Euch alles Liebe

Namasté
Eure Jo